Athleten
Interview - Felix Lüdemann
Von Lüneburg ans Le Moyne College: Felix Lüdemann spricht über sein erstes Jahr im amerikanischen College-Fußball
Immer mehr junge Talente gehen den Weg in die USA, um Leistungssport und Studium miteinander zu verbinden. Ein System, das es so nicht in Deutschland gibt. Felix Lüdemann tritt im Sommer 2023 ein Sportstipendium am Le Moyne College an und nahm sich die Zeit mit uns über sein erstes Jahr am College in New York zu sprechen.
Sportstipendium Amerika: Wir wollen heute über das Thema Sportstipendium in Amerika sprechen. Für den Anfang stelle dich bitte einmal vor, woher du kommst, welche Sportart du machst und wo du jetzt gerade lebst.
Felix: Mein Name ist Felix Lüdemann. Ich komme aus der Region Lüneburg, Hamburg und spiele aktuell Fußball in Amerika. Nach meinem Abitur habe ich mich für ein Sportstipendium in den USA entschieden und besuche nun das Le Moyne College im Bundesstaat New York.
Sportstipendium Amerika: Du kommst ursprünglich aus der Nähe von Hamburg. In welcher Liga hast du in Deutschland gespielt?
Felix: Ich habe tatsächlich gar nicht so hoch gespielt, also in der Jugend hatte ich unter anderem Probetrainings beim Hamburger SV, Hannover und auch Werder Bremen. Aber bin dann tatsächlich bei meinem Dorfverein geblieben in der Jugend, welches nur Jugend-Landesliga war. Und auch im Herrenbereich habe ich mich dafür entschieden in der Heimat zu bleiben, weshalb ich dort in meinem ersten Jahr auch nur Landesliga gespielt habe. Also, keine Junioren-Bundesliga, keine Jugend-Regionalliga und trotzdem bin ich per Sportstipendium in Amerika gelandet.
Sportstipendium Amerika: Wie ist dir der Einstieg dort gelungen vom Niveau her? Wie viele Spiele hast du gespielt? Kannst du uns ein paar Statistiken aus deir ersten Saison nennen?
Felix: Genau, die erste Saison ist ja eigentlich immer schwierig, erst einmal eingewöhnen, neues Land, neue Kultur, aber durch Verletzungen in der Mannschaft bin ich recht schnell zu vielen Spielanteilen gekommen. Am Ende habe ich in jedem Spiel gespielt und dabei bist auf ein oder zwei Spiele auch immer von Beginn an. Ein Vorteil im amerikanischen Fußball, ist definitiv die Regel das Spieler mehrmals ein- und ausgewechselt werden dürfen. Ich habe fünf Tore erzielt und sechs weitere vorbereitet, weshalb ich es am Ende der Saison es ins All-Rookie-Team geschafft habe.
Sportstipendium Amerika: Wie würdest du das Niveau im amerikanischen College-Fußball einschätzen? Was sind vor allem auch Unterschiede im Vergleich zu Deutschland?
Felix: Ich habe ja schon gesagt, dass das Spiel schneller ist, dadurch werden vor allem in der Offensive vermehrt Spielerwechsel vorgenommen, um möglichst frische Beine auf dem Feld zu haben. Taktisch vielleicht etwas weniger, würde ich behaupten aber trotzdem ein gutes Niveau. Ingsesamt ist es eine Mischung aus Oberliga / Regionalliga. Und vereinzelt sind defintiv Spieler mit Reginalliganiveau dabei. Dabei ist zu beachten, dass alle noch sehr jung sind ist ja College-Fußball. Teilweise sind die Spieler 17 bzw. 18 Jahre alt und vereinzelt ein paar ältere mit 24/25 jahren. In Deutschland sollte man schon Landesliga- oder Oberliga gespielt haben und um an eine Top-Uni zu gelangen ist Regionalliga Erfahrung noch besser.
Sportstipendium Amerika: Wie bist du überhaupt damals auf das Studium aufmerksam geworden oder warum hast du dich am Ende auch dafür entschieden, nach Amerika zu gehen?
Felix: Ich bin auf die Möglichkeit durch einen ehemaligen Mannschaftskollegen aufmerksam geworden. Der hat den Kontakt mit der Uni hergestellt und daraufhin hatte ich erste Telefonate mit dem Trainer. Zusätzlich kamen viele administrative Aufgaben hinzu, wie Highlight-Video, Übersetzung der Zeugnisse, Englischtest, Beantragung des Visums und noch mehr. Dabei kann die Zusammenarbeit mit einer Agentur sehr hilfreich sein.
Sportstipendium Amerika: Vielen Dank für das offene Gespräch, Luis. Es scheint, als würdest du eine spannende und erfüllende Zeit in den USA haben. Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg und eine tolle Zeit sowohl auf dem Fußballfeld als auch im Hörsaal!
Sportstipendium Amerika: Wie lange hat der Prozess ungefähr gedauert?
Felix: Ich habe im Herbst 2022 die Nachricht von meinem ehemaligen Mitspieler bekommen. Daraufhin musste ich mich zunächst um die Erstellung von meinem Highlightvideo kümmern, das bestimmt zwei Monate in Anspruch genommen hat. Beginn 2023 hatte ich dann mehrere Telefonate mit dem Trainer und im April wurde mir ein Angebot geschickt. Danach habe ich mich dann um Dinge wie den Englischtest, Versicherung und Visum gekümmert. Insgesamt kann ich nur empfehlen ausreichend Zeit einzuplanen (ca. 3-6 Monate), da es am Ende dann doch stressig werden kann.
Sportstipendium Amerika: Was war ausschlaggebend dafür, dass du dich für ein Studium in Amerika entschieden hast und nicht in Deutschland?
Felix: Mein Ziel war es Fußball auf einem guten Niveau zu spielen, aber zeitgleich auch studieren zu können. Als mich dann der ehemalige Mitspieler kontaktierte, war es eigentlich schon klar, dass ich das machen möchte. Die Menschen in Amerika sind sehr sportbegeistert und einen entsprechende Stellenwert nimmt auch der College-Sport ein. Falls man während der Saison einmal etwas in der Uni verpasst hat war dies kein Problem. Das Verpasste musste im Nachhinein einfach nachgerarbeitet werden.
Sporstipendium Amerika: Wenn man über ein Stipendium spricht, dann spricht man auch immer über finanzielle Förderung. Magst du gerne mal erklären oder so ein bisschen beschreiben, was dein Stipendium alles abdeckt?
Felix: In meinem ersten Jahr habe ich noch kein Vollstipendium bekommen, sondern ca. 80% wurden abgedeckt. Bei den Kosten unterstützen mich meine Eltern und das sind in etwa 10.000€ im Jahr. Das sind Kosten für die Unikurse, Wohnen und Essen. In meinem zweiten Jahr wurde mein Stipendium aufgrund meiner sportlichen Leistung auf ca. 90% aufgestockt. Und am Ende kommen in Deutschland ähnliche Kosten auf einen zu, was oft vergessen wird.
Sportstipendium Amerika: Viele haben ja auch Bedenken bezüglich sozialer Kontakte Anschluss. Wie ist da dein Eindruck? Kannst du da denjenigen, die Bedenken nehmen, die vielleicht auch mal mit dem Gedanken spielen, nach Amerika zu gehen, aber Angst haben, quasi alleine zu sein?
Felix: Ja, also von meiner Seite aus ist man nie alleine, weil da so viele Menschen vor allem auch im Team sind, die einen eigentlich immer entertainen und immer ist irgendwie was los. Klar gibt es mal Tage, wo weniger los ist oder kein Fußball, wenn man einen Tag frei hat nach dem Spiel zum Beispiel oder nach harten Trainingseinheiten Aber auch der Kontakt zur Familie ist ja heutzutage wirklich einfach, also einfach FaceTime. Klar muss man ein bisschen gucken mit dem Zeitunterschied, aber das kriegt man auch geregelt wenn man einen Ablauf hat. Zudem war ich in den Ferien jetzt zweimal in Deutschland, einmal über den Winter, vier Wochen und jetzt gerade zweieinhalb Monate was ziemlich viel ist. Also, da muss man echt keine Angst haben, die Leute nehmen einen direkt auf. Ich freue mich schon wieder nach Amerika zu fliegen und die Leute wiederzutreffen.
Sportstipendium Amerika: Vielen Dank für das offene Gespräch, Felix. Es scheint, als würdest du eine spannende und erfüllende Zeit in den USA haben. Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg und eine tolle Zeit sowohl auf dem Fußballfeld als auch im Hörsaal.